San Giorgio Maggiore

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Andrea Palladio, Grundriss und Aufriss Bühnenhintergrund in einer Ausgabe der Werke des antiken Baumeisters Vitruv
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Palladio zieht bei der Kirche San Giorgio Maggiore, die zwischen 1560 und 1580 gebaut wird, die Tempelfront mit dem Giebeldreieck und den vier Dreiviertelsäulen über die "zwei Stockwerke" des dahinter liegenden Kirchenraumes. Die  beiden Seitenschiffe werden deutlich vom überhöhten Mittelschiff durch das waagrechte, zahnschnittgeschmückte Gesims abgesetzt. Es ergibt sich eine Überschneidung aus zwei Fassadenkonzepten, die tiefenräumliche Wirkung entwickelt. Eine Verbindung zum Bühnenhaus des Teatro Olimpico in Vicenza scheint zu bestehen. Durch die perspektivisch wirkende Anordnung der beiden sich überlagernden Fassaden, entsteht eine Ausrichtung auf die große Bogentür, das in die Tiefe des Innenraumes weisende Portal. Die stark hervortretenden plastischen Teile entfalten durch kräftige Schatten eine Fernwirkung für das Auge der Betrachter auf der gegenüberliegenden Seite des Bacino di San Marco. Ein Vergleich mit der Fassade von San Francesco in Vigna zeigt, mit welcher Folgerichtigkeit Palladio sein bildhauerisches Können und sein archäologisches Wissen  in die Architektur vermittelt. Die Bauplastik dient nicht als oberflächliche Ausschmückung. Sie wird zum eigenständigen, lebendigen Bauteil, das  seinen Platz selbstbewusst beansprucht. Die Fassade ist nicht in die tragende Wand eingebaut, sie steht als  raumgreifender Körper vor dem Gotteshaus. Die Wirkung von Licht und Schatten kann nicht völlig systematisch berechnet werden. Dem Baumeister, der selbst am Stein gearbeitet und plastische Qualitäten verstanden hat gelingt es, die Erfahrungen der Skulptur in die Architektur hineinzutragen.

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Die Maler verschiedener Jahrhunderte greifen dieses Angebot des Architekten auf. Sie registrieren die Spiegelung der kräftig durchmodellierten Fassade im Wasser der Lagune, verfolgen das Zusammenspiel von breit lagerndem Langhaus und himmelweisender Kuppel. Der Gegensatz der verdichteten architektonischen Anordnung zur freien Weite des Lagunenhimmels reizt zur Bildkomposition. Der Bau dient als einprägsames Wahrzeichen, das den vertrauten Hafen charakterisiert. Das Werk Palladios kann als gefühlsbetonte,  charakteristische heimatliche Örtlichkeit aufgefasst werden. Er wird zur fernen, jenseits unergründlicher Fluten lockenden Vision einer unerreichbaren Ferne, zur überirdisch schwebenden Erscheinung. 

Die unverwechselbare Gestalt des Baues reizt zum Vergleich, zur Beobachtung im Lauf der Jahreszeit. Die markante Anlage lässt verfolgen, wie sich der tägliche Wandel des Lichtes,  spielerisch umgelenkt im bewegten Wasser auf dem hellen Stein der Kirche wiederspiegelt.  Carlevarijs stellt die bleiche Kuppel vor einen von düsteren Schneewolken durchzogenen kalten Winterhimmel. Bei Guardi fällt das Licht der abendlich tief stehenden Sommersonne auf ein Gotteshaus, das über den kühlen Fluten warm strahlt und auf dem grünlich tiefgründigen, unbewegten  Wasserspiegel geheimnisvoll schimmert. Turner entwirft eine zarte, flüchtige Vision, erfasst einen kostbaren Augenblick, in dem Natur und Menschenwerk ihre ganze Kraft entfalten. Er vereint das golden sich entfaltende Sonnenlicht mit dem kühlen Lufthauch des Morgens, den himmlischen Lichtschimmer mit dem märchenhaften Menschenwerk und seinem flüchtigen Trugbild im feuchten Element. Monet erfasst ein farbensattes Lichtspiel mit wissenschaftlichem Ernst. Scharf spähend nimmt er die überraschenden Farben auf. Unsentimental verzeichnet er die gegensätzlichen Helligkeiten. Geschwind folgt er Wellenschlag, ohne wirklichkeitsgetreue Perspektive und ausgewogene Bildeinteilung aus den Augen zu verlieren.

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Luca Carlevarijs, Die Dogana da Mar mit San Giorgio Maggiore, 50 x 96 cm, Venedig, Privatsammlung, Detail Francesco Guardi, Die Insel S. Giorgio, Venedig, Accademia, Detail William Turner, San Giorgio Maggiore, Morgen, 1819 William Turner, Die Dogana, San Giorgio und die Citella, Öl auf Leinwand, 61,6 x 92,7 cm
London, Tate Gallery, Detail
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Claude Monet, 1908, Blick auf S. Giorgio unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen

Selbst von der fernen Piazetta her gesehen, ist die massive Reliefierung der Schauseite des Gebäudes auf der Insel des Heiligen Georg deutlich auszumachen. Vom Campanile auf dem Markusplatz aus betrachtet, wird der »Tempelgiebel« von der Vierungskuppel überragt. Grundriss und Aufriss des Raumes unterscheiden sich auf eine eigentümliche Weise. Der Hauptbau hat die Form eines Rechtecks mit zwei seitlich der Vierung angesetzten Konchen. Die Längserstreckung des Hauptbaues entspricht genau der Ausdehnung der Querachse. Sinnbildlich sich ausdrückende Symmetrie wie bei der Villa Rotonda wird angestrebt. Die Seitenschiffe, von halber Breite des Mittelschiffes, setzen sich jenseits des Querhauses mit einem weiteren, über quadratischem Grundriss errichteten Joch fort. Auf das quadratische Presbyterium folgt ein ungewöhnlich langgestreckter, halbrund schließender Mönchschor. Die Grundformen von Dreieck, Kreis und Quadrat werden unaufdringlich, ohne belehrende Systematik am rechten Ort eingesetzt.

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Gottvater hebt seine segnende Hand über einer goldglänzend Messingkugel. In der polierten Oberfläche spiegelt sich das Kirchenschiff, dessen Mittelachse auf eine zweite Kugel jenseits des Wassers gerichtet ist. Dort bei den Speichern des Zollamtes regiert eine Glücksgöttin über den Globus. Die Zahlenmagie der flächigen Gliederung, das Regelmaß der stereometrischen Körper stellt sich dem Besucher des Bauwerkes unmerklich dar. Er wird erfasst von einer harmonisch ausgewogenen  monumentalen Wirkung. Er wird nicht überwältigt und verwirrt, weil sich die wohlgestaltete räumliche und flächige Komposition unmerklich mitteilt.

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