Die Zeit für eine Stadtreparatur am Jakobsplatz/Oberanger ist reif. Am Rindermarkt wird beim Löwenturm neu geplant. Die Wiedererrichtung der Schrannenhalle steht bevor. Rückbaumaßnahmen wie beim Franz-Josef-Strauß-Ring oder in der Königinstraße sind an der Tagesordnung. Der Wacker-Konzern holt einen Stadtbach wieder ans Licht. Die Hypovereinsbank öffnet ihre Blockbebauung aus den Fünfziger Jahren und versucht eine urbanere Neukonzeption.

Die Planung am Oberanger und Rindermarkt stammt aus der großen Zeit, als man die Achsen Berlin - Rom und Wien - Paris am Marienplatz kreuzen wollte. Nicht umsonst konnte bereits ein knappes Jahr nach Kriegsende Stadtbaurat Meitinger mit einem fertigen Plan aufwarten, der vor "Durchbrüchen" starrt, die vorher an den Fronten mißlangen. Die "Umlegung" der Raspstraße vom Sendlinger-Tor-Platz zum Oberen Anger war gedacht als "parallele Entlastungsstraße zur Sendlinger Straße", in der die Trambahn alles blockierte. Die arme Pettenbeckstraße wurde auf 19 Meter erweitert. Beim Oraghaus wurde tüchtig verbreitert, genauso die Nordseite des Rindermarktes.

Der Gedanke, totalitäre Verkehrsplanung im Zusammenhang mit dem Neubau einer Synagoge und eines Gemeindezentrums zu korrigieren, ist bestechend. Die Stadtpläne aus der Zeit vor der Jahrhundertwende zeigen, daß sich der Reiz des Jakobsplatzes aus der benachbarten, ungemein dichten Altstadtbebauung ergab. Die Fläche hieß auch "Angerplatz" auf der neben Marktständen der langgestreckte klassizistische Zweckbau des Feuerwehrdepots seltsam mit dem gotischen bürgerlichen Zeughaus korrespondierte.

Interessant wäre es auch, sich über Sicherheitsaspekte Gedanken zu machen. Die Staatskanzlei war einst im Finanzgarten geplant. Ein Stelzenbau wurde aus Bombenfurcht nicht realisiert. Das Amerikahaus hat seine martialischen Gitter und ausfahrbaren Autosperren bekommen. Vor der Staatskanzlei wurde elegant der Pfistermühlbach als neuzeitlicher Burggraben aus der Versenkung geholt, um Terroristen auf Abstand zu halten. Das Sandtnermodell im Bayerischen Nationalmuseum zeigt, wie es früher gelang, Wasserflächen in die Stadt zu integrieren.

In der Verwaltung werden politische Entscheidungen für eine Korrektur des totalitären, stadtfeindlichen Denkens aus der Nazizeit erwartet. Der Jakobsplatz wurde damals als Dränage für die verwinkelte Altstadt und als Parkplatz für ein neues Stadtzentrum, das um die "Halle der Partei" statt des Hauptbahnhofs entstehen sollte, geplant. Die Idee von Oberbürgermeister Ude, am Jakobsplatz ein Zentrum der Kultusgemeinde entstehen zu lassen, zeigt politisches und historisches Denken von Entschiedenheit und Weitblick.

Eine solche Stadtreparatur wird nach den Richtlinien zur Förderung städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen ( Allgemeines Ministerialblatt der Bayerischen Staatsregierung vom 31.3.1994 ) vom Freistaat behandelt.

Die Straßen am Oberanger sind viel zu groß. Hier ließe sich Baurecht ausweisen, durch das leicht die fehlenden Mittel aufzubringen wären. Herr Luchterhand von der Contipark sagt selbst : " Das jetzige Parkhaus ist viel zu groß dimensioniert und nicht ausgelastet." ( SZ 5.11.99 ) Wenn es den Berlinern gelungen ist, die Mauer wegzubekommen, müßte das in München auch mit einem Parkhaus möglich sein. Der Bunker neben den beiden Tiefgeschossen des Parkhauses ist riesig. Es ließe sich eine Umnutzung und Anbindung an die Parkhauszufahrten bewerkstelligen, sodaß ein wunderschöner, lukrativer, aber auch mit Wohnungsbau zu nutzender Bauplatz entstünde. Die Klosterhofstraße dürfte ohne Schaden verschmälert werden. Die Einfahrt in das Parkhaus bliebe bestehen. Die folgenden drei Obergeschosse könnten abgetragen und durch ein anderes Bauwerk überformt werden. Sollten die verbleibenden drei Parkdecks nicht genügen ( es gibt einen " Keller " und einen " Tiefkeller " ) wäre unterirdisch unter dem Jakobsplatz eine Erweiterung möglich. Vor einigen Jahren war jedenfalls planerisch der Bunker bereits verschwunden und durch Parkplätze ersetzt, ohne daß der " Notbrunnen " dabei gestört hätte.

Wie läßt sich ein religiöses Zentrum und ein Medien- und Museumskomplex am Jakobsplatz vereinen ? Wie verträgt sich das Bedürfnis nach Schutz, Ruhe und Sicherheit des Einen mit der notwendigen Offenheit, Freizügigkeit und leichten Zugänglichkeit des Anderen ? Es sind gute Planungsideen und möglichst viel Spielraum nötig. Sicherheitsprobleme werden derzeit teils benutzt, um negative Emotionen gegen das neue Gemeindezentrum auszudrücken. Andererseits ist die Hoffnung auf den Friedensprozess in Nahost und der Hinweis auf Amokläufer anderwärts kein Trost. Auf die Geschlossenheit von Baukörpern und die Schaffung von Wasserflächen sollte geachtet werden.

- die Gestaltung ist nur im Zusammenhang mit dem Oberanger zu bewältigen

- eine Schlüsselrolle kommt folglich dem Parkhausgrundstück zu

- es müssen unbedingt dreihundert Wohnungen mitgeplant werden

Ausgangsüberlegungen für eine Neuplanung :

Angestrebt wird eine bewußte Mischung von Funktionen : Repräsentanzen und Niederlassungen in Bestlage stehen neben schönen Wohnhäusern. Studentisches und betreutes Wohnen findet neben schicken Eigentumswohnungen statt. Junge Familien mit Kindern leben neben Verlagen, oder Kunsthandlungen. Kleine Handwerksbetriebe, Produktionen und Redaktionen siedeln sich beim Medienzentrum an. Die Synagoge hat Sichtkontakt zur Kirche. Schule und Kindergarten liegen gegenüber dem Kloster.

A) Ein Medienzentrum nutzt voll die mögliche Bauhöhe. Neben Werkstätten, Kinos und Terminals werden Studentenwohnungen, ein preiswertes Hotel, ein Jugendzentrum eingerichtet.

B) Eine sonnige, offene, Wohnanlage samt einem hochrangigen, stattlichen Firmensitz oder einem eindrucksvollen Konzerngebäude.

C) Ein Gemeindezentrum, das sich als Treffpunkt genauso eignet, wie als Ort der zurückgezogenen religiösen Betrachtung. Der grüne Innenhof ist vergleichbar dem des Stadtmuseums. Der Bezug zum Ignaz- Günther-Haus wird durch Wohnhäuser hergestellt.

D) Über dem Teich wird ein Spielplatz eingerichtet, der pfahlbauartig im Wasser steht, oder mit Hängekonstruktionen darüber schwebt. Die Brunnenanlage wird durch wassergetriebene Mobiles und Figuren belebt. Sie ist über Hängebrücken, Seilbahnen oder Strickleitern begehbar. Für Erwachsene gibt es eine kleine Aussichtsplattform.

E) Der Showroom eines Elektronikriesen und ein Künstlerhaus mit billigen Ateliers mit einem Ausstellungspavillon, in dem abwechselnd von den Gärtnerplatzgalerien Gegenwartskunst gezeigt wird.

F) Die West- und Nordseite des Stadtmuseums wird geöffnet und durch einen gewagt konstruierten, eleganten Vorbau erweitert. Es entsteht Platz für ein Jüdisches Museum und ein Museum der Zeitgeschichte. Der Zugang erfolgt über den Rindermarkt, der als Eingangsbereich aufgewertet wird.

G) Tiefgaragenzufahrt für das Gemeindezentrum

H) Die Synagoge steht zwischen Stadtmuseum und Jakobskirche

Albert Ottenbacher Gotthardstr. 68 80689 München Tel./FAX 563815