Benno Becker
Ansicht von Assisi
(Aktualisierung 2011: Siehe auch Videoclip: Arkadisches Arco (00:11:10) [niedrige Auflösung, 45 MB] [hohe Auflösung, 146 MB])
Das Werk befindet sich in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus zu München. Das Format ist quadratisch, etwa einen halben Meter groß. Gemalt wurde mit Ölfarben auf Pappe. Es sind die Spuren eines Borstenpinsels zu erkennen. Kleine Details sind pastos hingetupft. Die Farbschichten wirken zart deckend, nicht völlig opak. Es überwiegt ein silbriger Grundton. Das Gemälde läßt das Franziskanerkloster am Berge Subasio wie eine Vision über der umbrischen Ebene schweben. Dem religiösen Zentrum wird von Heinrich Böll 1959 der "Rang eines Jerusalem" zugesprochen. Die dahinter sich erhebende "Rocca Maggiore" und der Höhenzug mit der "Chiesa diruta" werden von diesem Blickwinkel ausgeblendet. Die Stadt in der Provinz Perugia verschwimmt in dunstiger Andeutung. Becker könnte sein Motiv aus südwestlicher Richtung gesehen haben. Eine Wegstunde außerhalb liegt das Heiligtum von Rivotorto. Dort wird im Andenken an die erste Gemeinschaft der Franziskaner "il Sacro Tugurio" bewahrt. Eine "heilige elende Hütte" erinnert an die Zeiten, als sich der Ordensgründer mit seinen Brüdern, dem Ideal der Armut folgend, betend und singend an diesem Ort aufhielt. Auf dem Turm dieser Anlage wäre der erhöhte Betrachterstandpunkt für Beckers Bild denkbar.
Der Schatten über dem Vordergrund mit seinem dunklen Wäldchen zeigt den unter ziehenden Wolken erstrahlenden Bischofssitz als der Höhe zugewandte Lichterscheinung. Die Stelle, an der das Terrain zu steigen beginnt, liegt verborgen hinter einer Heckenzeile. Die Fluchtlinien der Ackerfurchen, Baumwurzeln und linken Baumwipfel zielen auf den Mittelpunkt des Horizontes, über dem sich der Klosterberg erhebt. Die malerische Lage des Geburtsortes des elegischen Dichters Propertius und des heiligen Franziskus hätte sich aus kürzerem Betrachtungsabstand überwältigender darstellen lassen. Die steil sich türmenden Unterbauten von San Francesco mit den dreifach übereinanderliegenden Kirchen, der Dom und die Stadtmauern mit ihren mittelalterlichen Toren verschwinden in dunstiger Ferne. Mehr als die Hälfte der Bildfläche wird dem leicht verhangenen, stellenweise aufklarenden, plötzlich sich erhellenden mittelitalienischen Himmel gewidmet.
In der Oberkirche von San Francesco finden sich die ältesten Arbeiten Giottos. Die Wandbilder zeigen Szenen aus dem Alten Testament. Fresken sind ein Vorbild und sehnsüchtiges Schaffensziel Beckers. Er schreibt in seiner Selbstcharakterisierung, daß er gerne "mal ein ordentliches Stück Mauer anmalen" möchte. Wenn Franziskus sein Gewand einem verarmten Edelmann schenkt, bildet eine Berglandschaft den Hintergrund, die wie Assisi von einer fest ummauerten Stadt bekrönt wird. Das Motiv des einsam über der weiten Ebene aufragenden Gipfels wird bei Cezannes "La Montaigne Sainte-Victoire" behandelt. Die Verbindung mit einer Wolkenstudie darüber ist bei Rottmanns Gemälde aus dem Jahre 1843 im Lenbachhaus zu vergleichen.
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Assisi und Umgebung |
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Ansicht von Südosten |
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Ansicht von Süden |
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Ostansicht |
![]() Ansicht von Südwesten aus der Richtung von Rivotorto |
Es folgen Detailuntersuchungen von Beckers Gemälde.